Eines der wichtigsten und interessantesten Tiere im Erdreich ist der Regenwurm. Es gibt weltweit gut 3000 Arten, in Deutschland leben davon knapp 50. Die bekanntesten Vertreter sind der 10 bis 30 cm lange Gemeine Regenwurm (Lumbricus terrestris) und der 5 bis 12 cm lange Kompostwurm (Eisenia foetida). Sie arbeiten meist im Verborgenen und man sieht sie nur, wenn man die Erde umgräbt oder wenn es anhaltend regnet.
Tauwurm und Mistwurm
Aber dem Gemeinen Regenwurm, der auch Tauwurm genannt wird und der häufig in Gärten und auf Wiesen lebt, kann man oft auch nachts überirdisch begegnen. Kenntlich ist er an seinem rötlich gefärbten Vorderende und seinem blassen Hinterteil. Mit einer Taschenlampe ausgestattet und etwas Glück, kannst Du ihn bei seinem nächtlichen Treiben an der Erdoberfläche sehen, wie er Pflanzenreste in die Unterwelt zieht. Am häufigsten zeigt er sich bei taunassem Boden.Vom Lichtkegel erhellt, kann man ihn kurz zwischen den Grashalmen erblicken; dann zieht er sich blitzschnell in den Untergrund zurück, wo er bis zu 3 m tiefe Gänge gräbt den Boden intensiv durchwühlt. Dem Kompost- oder auch Mistwurm hingegen begegnet man, wie schon sein Name sagt, meistens beim Umschichten im Komposthaufen. Er ist rot mit gelblichen Ringen um seinen Körper.
Warum kommt der Regenwurm bei Regen aus der Erde?
Häufig findet man nach einem Regenschauer im Garten oder auch auf der Wiese zahlreiche Regenwürmer an der Erdoberfläche. Was treibt die schlängelnden Erdbewohner nach oben, fragte man sich und nahm an, die Würmer fliehen aus ihren überflutenden Gängen, um nicht darin zu ertrinken. Inzwischen weiß man allerdings, dass einem Regenwurm kaum der Tod durch Ertrinken droht und er vielmehr vor einer anderen – scheinbaren – Gefahr flüchtet: Die auf den Boden prasselnden Regentropfen erzeugen anscheinend eine ähnliche Schwingung in der Erde, wie die Grabungstätigkeit des Maulwurfs. Da dieser einer der häufigsten Freßfeinde des Regenwurms ist, suchen die Würmer ihr Heil in der Flucht nach oben.
Ein Wurm gehört in die Erde!
Diese bekommt ihnen freilich nicht immer gut, werden sie doch bei dieser Gelegenheit häufig Opfer einer hungrigen Amsel oder eines Igels. Oder sie gelangen bei beendetem Regen und wieder einsetzendem Sonnenschein nicht schnell genug zurück ins rettende Erdreich und auch das kann übel enden. Denn die Haut der Regenwürmer ist äußerst empfindlich und reagiert sogar schon bei einigen Sonnenstrahlen während eines Regenschauers mit Sonnenbrand, was den Wurm meistens das Leben kostet. Wer also einen – noch lebenden – Regenwurm an der Erdoberfläche findet und ihn an eine Stelle bringt, wo er sich schleunigst wieder eingraben kann, tut dem kleinen Bodenbewohner damit einen großen Gefallen! Denn Regenwürmer fühlen sich am wohlsten im feuchten und lockeren Erdreich, dessen pH-Wert nicht niedriger als 3,5 sein sollte, denn ein Zuviel an Säure würde die lebensnotwendige Schleimschicht, die das Tier umgibt, zerstören. Zuviel Wärme bekommt den Würmern auch nicht; optimal ist eine Temperatur zwischen 10 und 15 Grad Celsius.
Weshalb der Regenwurm „Regenwurm „ heißt
Es läge nahe, dass die Tiere aufgrund dieses Verhaltens auch zu ihrem Namen kamen, doch hat es mit diesem eine andere Bewandtnis. Man nannte einen solchen eifrigen Wühler früher tatsächlich einen „regen Wurm“, weil er ständig in Bewegung ist, Nahrung zu sich nimmt und Humus produziert. Diese „rege“ Tätigkeit hält den Wurm nahezu pausenlos auf Trab: Um pro Tag etwa die Hälfte seines eigenen Gewichts an Nahrung zu verzehren, ist er fast ständig in Bewegung. Blätter, abgestorbene Pflanzenreste und Mikroorganismen stehen auf seiner Speisekarte. Da ein Regenwurm keine Zähne hat, zieht er Laub und Pflanzenteile erst einmal unter die Erde, wo sie von Bodenpilzen und Bakterien zersetzt, d.h. sozusagen „vorverdaut“ werden. Dann erst kann sich der Regenwurm seine Blättermahlzeit schmecken lassen.
Hilfreiche Gartenbewohner
Nicht von ungefähr sind Regenwürmer des Gärtners Freunde: sie durchlüften den Boden und bereiten durch ihre Verdauung Nährstoffe für erneuten Pflanzenwuchs vor. Ihre Gänge können bis zu 7 m in die Tiefe reichen und bis zu 20 m lang sein, je nach Beschaffenheit des Erdreichs. Bei durchschnittlichen 100 Regenwürmern pro Quadratmeter Boden kommt schon eine ganze Menge an Gängen zusammen! Auch in der „wilden“ Natur spielen sie so eine entscheidende Rolle im Nährstoffkreislauf. Außerdem entsteht auf Böden mit vielen Regenwurm-Gängen keine Staunässe und selbst bei starken Regenfällen kann die Erde den Regen wie ein Schwamm aufnehmen. Pflanzenwurzeln und wichtige Bodenorganismen haben es im lockerem Boden ebenfalls leichter. Sichtbare Zeichen des hilfreichen Wirkens der Regenwürmer sind die Hinterlassenschaften am Ausgang ihrer Grabungsgänge, sozusagen „Spuren des Lebens“! Denn die „Regenwurmhäufchen“ sind nichts anderes, als besonders gute Erde bzw. als Dünger mit einem guten Kompost vergleichbar. So sorgen die kleinen Tiere für luftigen und nährstoffreichen Boden und sind selbst auch Anzeiger für gute Bodenqualität.
Regenwurm-Arena

Will man die Tiere länger und auch bei ihrem unterirdischen Treiben beobachten, ist eine Regenwurmarena eine geniale Lösung. Entweder baust Du mit Unterstützung durch einen Erwachsenen unter Verwendung von zwei Plexiglasscheiben und Holzlatten selbst eine Regenwurmarena. Noch einfacher geht es mit einer durchsichtigen Einweggetränkeflasche. Lass Dir beim Abschneiden des oberen Flaschenteils und dem Anbringen der Entwässerungsbohrungen am Flaschenboden durch einen Erwachsenen helfen. Oder Du bestellst Dir eine vorgefertigte Arena im Internet. Die Arena wird mit etwas losem Erdreich bis zur Hälfte befüllt, dann legst Du einige Regenwürmer und etwas Laub und andere Pflanzenreste hinein. Schon geht das „Regenwurmkino“ los. Nach Deinen Beobachtungen solltest Du die Regenwurmarena stets mit einem lichtdichten Tuch abdecken und einen schattigen Platz stellen; kurzzeitig kann man dann das Tuch wieder lüften, um mit der Beobachtung fortzufahren. Du kannst auch ein Regenwurmtagebuch führen, in dem Du den Bau neuer Gänge und den Fortgang weiterer Arbeit festhältst. Vergiss dabei nicht, welche „Kraftprotze“ hier am Werk sind: Regenwürmer können das 50- bis 60-fache ihres eigenen Körpergewichts stemmen! Nach einigen Wochen ist es dann an der Zeit, Deine Regenwürmer wieder in den Garten oder auf die Wiese in die Freiheit zu entlassen.
Eifrige Wühler und Arbeiter
Zum Graben, Wühlen und Fortbewegen im Boden dienen dem Regenwurm die vielen Segmente, aus denen sein Körper zusammengesetzt ist. Seitlich sind diese mit kaum sichtbaren Borsten, je 4 Paare pro Segment, versehen. Diese Borsten können mit Hilfe spezieller Muskeln bewegt werden und ermöglichen so dem Wurm seine rege Bewegungs- und Grabungstätigkeit in der Erde. Je älter ein Regenwurm ist, umso mehr Segmente weist sein Körper auf; bei einem ausgewachsenen Tier können das bis über 100 sein. Diese Segmentierung des Körpers ist es auch, die dem Regenwurm ein gewisses Regenerationsvermögen einzelner Körperstücke ermöglicht: Reißt ein hungriger Vogel am Hinterende ein Stück ab, kann der Wurm dieses nach einiger Zeit meistens wieder ersetzen.
Aus Eins mach Zwei oder das Märchen vom geteilten Regenwurm
Sicher hat auch jeder schon mal die Geschichte gehört, dass bei einem in der Mitte getrennten Regenwurm – was leider beim Umgraben öfter geschieht – beide Teile weiter leben bzw. zwei neue Würmer entstehen. Leider ist diese schöne Vorstellung nur ein Märchen und das Regenerationsvermögen der Tiere nicht ganz so unbegrenzt! Denn höchstens das Vorderende eines Regenwurms, in dem sich alle lebenswichtigen Organen befinden, kann potenziell weiter leben, vorausgesetzt, der Darm ist noch lang genug. Im günstigsten Fall wächst dann ein neues, dünneres Hinterende nach. Dennoch endet eine solche unfreiwillige Teilung wegen einer darauf folgenden Wundinfektion meistens eher mit dem Tod des Tieres.
Regenwurm-Hochzeit
Regenwürmer sind Zwitter, d.h. jedes Tier hat gleichzeitig sowohl weibliche als auch männliche Geschlechtsorgane. Geschlechtsreife Tiere erkennt man an einer Hautverdickung im vorderen Drittel des Körpers, die „Gürtel“ genannt wird. Jetzt kann man auch erkennen, wo vorne und hinten ist bei einem solchen Wurm, denn der „Gürtel“ liegt näher beim Kopf. Bei einer „Regenwurm-Hochzeit“, die man hauptsächlich im Frühjahr oder Herbst nach Regenfällen, in der Dämmerung oder nachts beobachten kann, kommen die Tiere an die Erdoberfläche. Beide Partner agieren dabei als Männchen und tauschen in einer Art schleimiger Umarmung, die mehrere Stunden dauern kann, ihren Samen aus. Aus einer Art Schleimring, den die Tiere danach in der Erde abstreifen, entsteht ein mit Eiern gefüllter Kokon. Je nach Art werden zwischen 20 und über 100 solcher Kokons gebildet, aus denen dann nach einer Entwicklungszeit zwischen einigen Wochen bis zu mehreren Monaten zahlreiche neue kleine Würmer schlüpfen. Ein neues Regenwurmleben beginnt! Dauert dieses in der Natur etwa zwei Jahre, haben Regenwürmer in Beobachtungsstationen auch schon mal das stattliche Alter von etwa 10 Jahren erreicht!
Was macht der Regenwurm im Winter?
Die meisten Regenwürmer findet man im Frühjahr und im Herbst, wenn für sie günstige Temperaturen herrschen. Dann sind die Tiere am aktivsten. Wird es ihnen im Sommer zu heiß und trocken oder im Winter zu kalt, graben sie sich tief ins Erdreich hinein, ringeln sich zu Knäulen zusammen und fallen in eine Art Sommerstarre beziehungsweise in Winterschlaf.
Wimmelndes Leben in der Tiefe
Neben den Regenwürmern wird das Erdreich von tausenden anderen Tierarten und Kleinstlebewesen bevölkert. Von der Assel, über den Maulwurf (der Regenwürmer zum Fressen gern hat), bis zum … herrscht ein Gewimmel und Gewusel im Reich der Finsternis. Im Erdreich findet sich eine ebenso große Vielfalt wie überirdisch. Nahm man früher an das Leben würde nur einige Meter tief in den Boden reichen, so weiß man heute, dass noch in einigen hundert Meter Tiefe Leben anzutreffen ist. Fast jedes Jahr werden neue Tiefenrekorde gemeldet in denen z.B. Bakterien in teils immer extremen Bedingungen zu finden sind. Diese „Extremophilen“, die in bislang als lebensfeindlich erachteten Bedingungen leben, veranlassen selbst die Weltraumforschung an neuen, bislang als ausgeschlossen geltenden Orten nach Leben zu suchen.